Anton Lehmen: Vorwort zur Ausstellung im BAWAG-Foundation Katalog, 1989
An einem heißen Sommertag in den Ferien 1975 kommt ein junger Mann mit einer Mappe in mein Atelier in der Akademie zögernd hinein. Er möchte mir seine Bilder zeigen.
Ich sei zufällig da, um etwas zu holen, sage ich, die Aufnahmen sind im Herbst. Er meint, ich solle doch in die Mappe schauen. Die Mappe wird aufgemacht. Es sind mehrere Aquarellblätter. Zerfallende Hütten, morsche Zäune, rostige Blechplatten, -angelehnt in einer Gartenecke,das Innere einer Waschküche-vollgeräumt mit den verschiedensten Dingen,Schubkarren unter einem Baum,eine rostige Mörtel-mischmaschine,Blätter mit einer großen handwerklichen Qualität, ohne unangenehme Routine.
Mein Herz hat höher geschlagen beim Betrachten dieser Blätter. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass er nicht die Aufnahmeprüfung zu machen braucht, dass er schon aufgenommen ist.
Ich habe seine Entwicklung mit viel Aufmerksamkeit beobachtet. Er hat mich oft mit schönen und eigenartigen, gut durchgeführten Einfällen überrascht.
Nach ungefähr zwei Jahren hat es einen sehr dekorativen Einbruch in seiner Malerei gegeben. Es war nach einem Griechenlandurlaub. Barken am Strand, Obstkörbe, Landschaften, sehr impressiv. Die Blätter waren nicht schlecht, aber für Welther war es mir zu wenig. Ich war sehr enttäuscht, eigentlich auch erschrocken.
Es kam dann aber eine schöne expressive Zeit, in der er die Gegenstände gut zurecht modelliert und geordnet hat: Menschen im Autobus, Menschen bei Tisch um eine Suppenschüssel, ein Glas – vollgepfercht mit Gurken, eine festliche Gesellschaft, ironisch dargestellt, rasch und gut hin gemalt.
Ein außerordentliches Stück Malerei von großer Qualität und Unmittelbarkeit, eine Art von Höhlenmalerei ist die Reihe von Stieren mit den Hinterteilen zum Betrachter gewendet. Mit einer ausführlichen Sachlichkeit malt er die neueren Gruppenbilder, seine Mitmenschen, die Begebenheiten seiner Umgebung, kritisch erzählend, eine besondere, eine vornehme, expressive Dokumentarmalerei. Im Vergleich zu der Zeitgenössischen in- und ausländischen expressiven Malerei sind seine Bilder viel bedeutender. Er ist ein fühlender, ein denkender, ein außerordentlicher Maler.
Anton Lehmden
Wien, 1989